»Nicht alles, was Müll ist, ist Müll«
Name: Ademilsa Soares Schmolke
Geburtsort: Rio de Janeiro
Standort: Wittenberge
Beruf: Psychologin, Krankenschwester
Tags: Upcycling, Mode, Tanzen, Möbeldesign
Kontakt:
Arbeit
Meine Mutter hat alten Polstermöbeln ein neues Leben gegeben, und diese Kreativität habe ich von ihr geerbt. Dennoch bin ich – wie fast alle meine Geschwister – im Gesundheitsdienst gelandet. Ich habe Krankenschwester gelernt, Psychologie studiert uns später meine eigene Praxis als Psychotherapeutin in Rio de Janeiro eröffnet. Nach Jahren kam ich an den Punkt, dass ich mich nicht mehr 9 Stunden am Tag mit den Problemen Anderer beschäftigen wollte. Ich wollte mir neue, kreative Herausforderungen suchen. Hier in Wittenberge ist mein Thema ‚Upcycling‘, das heißt Dingen am Ende der Wertkette wieder eine neue Bestimmung zu geben.
Leben
Der Name meines Vaters steht eingraviert in das große Tor am Eingang der Beija-Flor, für mich die stolzeste und Sambaschule von ganz Rio de Janeiro. Er hat Lieder geschrieben, die ihren Platz in der Geschichte des Samba gefunden haben. So bin ich in einem brodelnden Kessel von Musik aufgewachsen, und Samba Tanzen ist eine Leidenschaft, die mich wohl nie loslässt. Mein Vater war ein Bonvivant, zum Leid meiner Mutter, aber ein guter Handwerker. Ich habe die Gerüche in seiner Holzwerkstatt geliebt! Alles wollte ich lernen, jede Maschine, jedes Material war eine Herausforderung. Mit 13 wechselte ich von der Werkstatt meines Vaters in die Textilfabrik. Das war aber auf die Dauer für meine Neugier zu wenig. Ich wollte mehr verstehen, ich wollte mich ausprobieren. 25 Jahre später war ich am Ziel meiner Träume: meine eigene psychotherapeutische Praxis in Rio de Janeiro, Ratgeberin für Alltagsfragen über das Radio in der Stadt. Die vier Kinder aus dem Haus – daraus kann man jetzt etwas machen! Manchmal passieren Dinge, die ändern die ganze Richtung im Leben, und so bin ich mit meinem Mann Jürgen in Wittenberge gelandet – und wieder beim Beruf oder der Berufung meiner Mutter.
Wandel
Als ich klein war, habe ich meine Mutter gefragt, „Mama, ist alles, was wir auf den Müll werfen für immer Müll“? Sie hat geantwortet, „Nicht alles, was Müll ist, ist Müll, aber Müll ist für immer Müll“. Damals habe ich lange darüber nachgedacht, und ich weiß immer noch nicht, ob ich alles verstanden habe. Aber eines hat sich mir eingebrannt: Nicht alles, was Müll ist, ist Müll. Es ist der Blick, der den Unterschied macht und aus Altem neue Werte erzeugt. Es ist die Lust, die Welt aus bestehenden Teilen neu zusammenzusetzen. Nicht, weil nicht aller Müll Müll ist, sondern auch, weil es viel mehr Altes gibt als Neues. Der Übergang zwischen Neu und Alt und Abfall, ein ewiger Kreislauf, ein kreatives Potential ohne Ende! Upcycling ist heute mein großes Thema. Dabei arbeite ich vor allem mit Stoffen und Farben. So versuche ich, Vergangenheit und Zukunft miteinander in Einklang zu bringen. Ergebnisse meiner Arbeit findet man in der Kleinen Markthalle 50 in Wittenberge.